Sonntag, 10. November 2019
Die Frage der Umwelt (und nebensächlich auch die Frage des Umfeldes)
Seit ein paar Monaten habe ich zu einem Freund den Künstler Umfeld empfohlen. Seitdem war ich umsonst auf der Suche nach ihm. Er ist nicht bei Youtube, man kann ihn nicht googlen, gibt es diese Person überhaupt?
Heute habe ich bei dem beliebten Youtube Channel namens Hate eine neue Platte von dem Produzent Umwelt gefunden, sie klingt sehr gut und der Stil ist auch Industrial Techno. Vielleicht bin ich schon auf dem Spur von der Person, die ich mochte. Das neue Album von Umwelt könnte in dem Klub ziemlich gut funktionieren, ich mag die Tracks und nebst Techno gibt es hier auch eine düstere langsame Komposition mit dem passenden Titel Latent Existence. Der beste Track ist aber meiner Meinung nach das dichte schnelle Techno-Stück Superior Life Forms.
Sonntag, 6. Oktober 2019
Grundlos verspäteter Bericht aus Karlovy Vary (Teil zwei)
Heute biete ich euch den zweiten Teil meiner Bemerkungen zu dem Internationalen Filmfest Karlovy Vary an. „Lillian“ ist eine Geschichte der gleichnamigen Russin, die illegal in den Vereinigten Staaten lebt. Die Chancen auf eine Beschäftigung sind schon alle weg, es gibt kein Geld mehr, sie spricht kein Englisch und sie kann auch nicht legal zurück nach Russland reisen. Sie beschließt sich also, zu Fuß durch das ganze Land zu gehen, bis zu dem eiskalten Ort, an dem die USA und Russland einander schon ziemlich nah sind. Dann schwimmen vielleicht, das erfährt man nie exakt. Wenn man dieses Werk als Travelogue wahrnimmt, merkt man auch weitere Inkonsequenzen (wahrscheinliche Dauer, Jahreszeiten, Grenzen), aber es wurde eher als eine Beobachtung der amerikanischen Kultur gemeint.
Die Heldin befindet sich in verschiedenen Situationen, die eine allein reisende Frau treffen können, und interagiert dadurch mit dem heimischen Volk (in einem Fall auch mit dem echt ursprünglichen Volk dieses Kontinents). Manche Situationen werden unangenehm, obwohl sie nicht gewältig sind, aber die Schwierigkeiten sind mit Freiheit entlohnt. Lillian läuft durch das freie amerikanische Land (während die Amerikaner in ihren Städten passiv bleiben) und besucht viele Orten, die von Menschen verlassen wurden oder die sich am Rande der menschlichen Interesse befinden. Auf solcher Oddysee kann man keine beste Unterkunft und Reisen auf gewissem Niveau erwarten, auf Niveau verzichtet die Heldin schon in der ersten Minute des Films (sie bewirbt sich erfolgslos um einen Job als Pornodarstellerin). Desto interessanter ist es, die andere Seite der Amerika durch die Augen vor Lillian zu sehen.
Donnerstag, 12. September 2019
Grundlos verspäteter Bericht aus Karlovy Vary (Teil eins)
Zufälligerweise habe ich in Karlovy Vary zwei Filme gesehen, die von Ulrich Seidl und seiner Firma produziert wurden. Es handelte sich um den sehr bemerkenswerten Film Lillian, der über eine Odyssee durch die Vereinigten Staaten berichtet, und um die unglaubliche Groteske namens Die Kinder der Toten.
Die Kinder der Toten haben mit den USA auch viel zu tun, nämlich wurde der Film von zwei Amerikanern gedreht. Die Regisseure haben doch das steirische Milieu mit allen typischen Figuren und Orten so gut veranstaltet, als ob sie lebenslang in Österreich gelebt hätten. Die Handlung geht von einem Roman von Elfriede Jelinek aus, wurde aber neu interpretiert und aktualisiert. Es gibt Zombies, Flüchtlinge, Doppelgänger und auch die trauervollste Filmvorführung aller Zeiten, aber noch außenordentlicher als das Inhalt ist wie der Film aussieht.
Die Filmemacher haben alle Szenen tonlos auf die alte Home-Video-Kamera Super 8 aufgenommen und die Absenz des Tons wird durch Zwischentiteln ausbalanciert. Dank dieser extrem veralteten Form werden die Bauer, Wirte und Förster von Steiermark so grotesk wie in dem Schaffen von Elfriede Jelinek dargestellt und ich finde diese Entscheidung sehr gut. Es gibt nicht so viele Stummfilme, die es schaffen, die Aufmerksamkeit der Zuschauer länger als eine Stunde zu halten, und Die Kinder der Toten könnten auch ein bisschen kürzer sein. Nichtsdestotrotz handelte sich es um ein so ungewöhnliches Erlebnis voll von starken Bildern, dass ich es kaum vergessen werde.
Mittwoch, 31. Juli 2019
Anguish haben Prag zugrunde gerichtet
So häufig lese ich in tscheschischen Konzert-Kritiken, dass eine Band den ganzen Saal oder gerade die ganze Stadt mit ihrer Musik zerstört hat und ich wundere mich, wie tragisch es wäre, hätte es tatsächlich wortwörtlich passiert sein. Palác Akropolis verweist jetzt zumindest Spuren von Renovierung, vielleicht hat es etwas mit dem letzten Konzert zu tun. Am Montag habe ich dort ein ausgezeichnetes Konzert von dem internationalen Ensemble Anguish erlebt. Ein Erlebnis ist tatsächlich ein passendes Wort, es war nicht nur genug zu hören, sondern auch zu sehen und spüren, alles in überwältigenden Mengen.
Die Künstlergruppe Anguish besteht aus Mitgliedern von den Bands Dälek, Fire! Orchestra und Faust. Hans-Joachim Irmler von der letztgenannten Band war in dem gesamten explosiven Sound völlig unhörbar (und hinter seinem riesigen Keyboard war er auch schwer zu merken), der größte Star des Abends war sicher Mats Gustafsson, dessen Einsatz an dem Saxofon war total beeindruckend. Hier ist ein Lied von diesem Projekt, obwohl das Album kann euch kaum die Ahnung vermitteln, wie wild diese Truppe sein kann und wie viel Energie sie erzeugen kann, wenn sie live spielt.
Sonntag, 12. Mai 2019
Anifilm 2019: In der Stadt Marwen sind keine Deutschen willkommen
Obwohl ich bei Anifilm keine deutschen Filme sah, spielte dort die deutsche Kultur oft die traditionellen Nebenrollen. Am häufigsten konnte man das falsch ausgesprochene Deutsch in dem neuen Drama von Robert Zemeckis hören.
"Welcome to Marwen" beginnt mit einer Kampfszene aus dem Zweiten Weltkrieg, gespeilt mit Plastikpuppen. Die Nazis sind dementsprechend grotesk dargestellt, pervers erfreut, dass sie einen amerikanischen Pilot erschießen konnen. Auch der Held selbst geht direkt zu der ersten Anlaufstelle der Abwertung, nennt alle Deutschen "Fritz," und wenn die entwaffnet werden sollen, werden sie gebeten, den Hitlergruß mit beiden Händen zu machen.
Wenn eine Nebenfigur später in der Handlung die Deutschen verarschen will, schreit sie aus dem Nichts die fünf Sätze aus, die jeder kennt (Guten Tag. Sprechen Sie Deutsch? usw.). Die rudimentären Konversationsformeln werden von dem amerikanischen Macho natürlich so hässlich ausgesprochen, wie der Name des Malers Sandro "Buddy-celli" in einem anderem Film vom diesjährigen Wettbewerb.
Sobald sich man aber an die skurrile Darstellung der Krieg anhand "Barbie & Ken" gewöhnt, ändert der Regisseur Robert Zemeckis die Laune und fängt an, die Story von dem mit den Puppen spielenden Mann zu erzählen. Plötzlich ist das kein "Team America" mehr, sondern eine Geschichte vom Angst, Schmerz, Hass und Verlust.
Mark Hogencamp (die Hauptfigur, die in den gegenwärtigen Vereinigten Staaten lebt) wurde vor ein paar Jahren von einer Gruppe Rowdys fast umgebracht. Seitdem schließt er sich geistlich in die Welt von Puppen, damit er dort sein Leben gefahrlos fortsetzen könnte, inklusive einer Rache gegen Gewalt und Erfüllung seiner Liebesbedürfnisse. In der realen Welt wird Mark unter Druck gesetzt, wenn er die Täter vor Gericht konfrontieren soll, in seiner Stadt von Miniaturen erlebt er eine anders unwahrscheinliche Affäre mit seiner neuen Nachbarin.
Das Happy-End ist zu erwarten, aber die tragischen Aspekte von Marks Seele, die sich in seinem Benehmen ständig zeigen, machen diesen Film bemerkenswert.
Freitag, 5. April 2019
Top 10 Filme 2018
Ich habe ziemlich lange über die besten Filmen nachgedacht und ich wartete nach Febiofest, damit ich noch mehrere Werke sehen konnte, und plötzlich ist es so, dass ich meine "bald kommende" Rangliste 2018 erst im April veröffentlichen kann. Es handelt sich aber um keine Top 5, sondern um Top 10 Filme (und Ehrenerwähnungen), also schon zwölf Werke aus dem letzten Jahr, die mich sehr beeindruckten. Auf dem ersten Platz gibt es das rohe Drama aus einer Vorstadt von Rom namens Dogman.
1. Dogman (Reg. Matteo Garrone)
2. Les garçons sauvages (Reg. Bertrand Mandico)
3. Diamantino (Reg. Gabriel Abrantes)
4. Shoplifters (Reg. Hirokazu Kore-eda)
5. „Îmi este indiferent dacă..." (Reg. Radu Jude)
6. Phantom Thread (Reg. Paul Thomas Anderson)
7. The Favourite (Reg. Yorgos Lanthimos)
8. Burning (Reg. Lee Chang-dong)
9. Holiday (Reg. Isabella Eklöf)
10. Zama (Reg. Lucrecia Martel)
Ehrenerwähnungen: Coincoin et les Z'inhumains, Climax
Samstag, 2. Februar 2019
Berlinale: Blick auf die Filme von dem letzten Jahr (Teil 2)
Der polnische Film "Twarz" (Gewinner von Jury Grand Prix am Berlinale 2018) ist ausgezeichnet, er ist so gut, dass er in meinen bald kommenden Top 5 von 2018 fast reinpassen konnte. Es gibt hier eine unglückliche Liebesgeschichte, daneben lachen wir auch über die römisch-katholischen Aberglauben, die saufende Unterschicht und hauptsächlich über die Musik von Gigi d'Agostino. Dazu ist die visuelle Seite des Films sehr originell gemacht.
Zum "Utoya 22. Juli" gibt es schon ein amerikanisches Pendant. Es gibt also schon zwei Verfilmungen von dem Massaker auf der Insel Utoya, die norwegische Version hatte merkwürdige Augenblicke, letzendlich war sie aber ein bisschen eintönig. Trotzdem ein guter Versuch die Geschichte in der dokumentarischen Art und Weise zu zeigen.
Unter den deutschen Filmen in dem Berlinale Wettbewerb steht ein Titel aus, und zwar "Mein Bruder heißt Robert und ist ein Idiot." Leider ist das nur der Titel, der die Aufmerksamkeit fängt, sonst konnte sich das Stück über fast keine Resonanz in der Presse freuen. Ich kenne persönlich nur einen Robert und er ist völlig in Ordnung.
Samstag, 26. Januar 2019
Berlinale: Blick auf die Filme von dem leztzen Jahr (Teil 1)
Der nächste Jahrgang von Berlinale kommt schon bald, es ist also eine gute Zeit die Filme von dem Wettbewerb 2018 zu rekapitulieren. Auch diesmal habe ich seit dem Fest ein paar Filme von der offiziellen Auswahl gesehen.
Der erste Film von Berlinale, den ich danach in einem Prager Kino sah, war "Isle of Dogs" von Wes Anderson. Es handelt sich um einen Trickfilm für Kinder, ich bin also nicht die genaue Zielgruppe für dieses Stück. Ich habe den Film trotzdem einigermaßen gemocht. Anderson kann noch sehr gute Filme drehen, gepackt mit vielen witzigen Ideen.
Der Hauptpreis-Gewinner "Touch Me Not" soll anstrengend sein. Ich versuchte ihn heute zu Hause anzusehen, in den ersten zwei Minuten sah ich eine langsahme und kalte Aufnahme von einem Geschlechtsorgan, dann kam ein beunruhigender Soundtrack von extatischen Schreien und dann kam mein Kind ins Zimmer und ich musste vortäuschen, dass ich gerade meine E-Mails lese. Als ich die nächste zweiminütige Pause hatte, sah ich ein paar weiteren zufällig gewählten Szenen und die sahen noch schlimmer aus.
Weitere Filme werden hier in zweitem Teil meiner Zusammenfassung am nächsten Wochenende beschrieben.
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