Die ideale Musik für die geistliche (und apokalyptische) Atmosphäre des Dezembers 2020, die schafft der britische Cellist Oliver Coates. Auf seiner neuen Platte findet man hinreißende Schönheit und beunruhigende Verzerrung, meistens gleichzeitig. Diese Stimmung (nicht unähnlich den Nine Inch Nails) bietet er auch in diesem Stück an.
Dienstag, 1. Dezember 2020
Samstag, 7. November 2020
Track des Monats: The Ocean - Jurassic | Cretaceous
Mit so vieler Reichhaltigkeit repräsentiert das dreizehnminutige Lied das ganze neue Album von der deutschen Band The Ocean in sich und berechtigt sogar seine ganze Existenz. So viele geduldige Gradation gibt es in dem Track, bis es in den letzten Minuten fast explodiert. "The world we know will go down in flames," hört man, als die Prog-Metal-Atmosphäre unerwartet von Trance-Synths gebaut wird.
Sonntag, 11. Oktober 2020
Track des Monats: Slikback - AKI
Es ist witzig, dass diese Platte von dem Herausgeber Pan Records als "club-focused" beschrieben wird, denn sie enthält eher Club-Musik für die Welt, in der es schon keine Clubs mehr gibt. Der harscher Regen von Beats deutet eine menschenfeindliche Maschine an, die am Ende des Tracks kollabiert, als sie verlangsamt wird. Und inzwischen kann man natürlich die afrikanischen Wurzeln von Slikback hören.
Samstag, 11. April 2020
Top 10 Filme 2019
Wozu sonst soll man die ersten Monate des Jahres nutzen, als Filme von dem vergangenen Jahr nachzuholen? Es kann jetzt eine neue Tradition für mich werden, die Liste der besten Filme erst im April zu veröffentlichen. Am ersten Platz der Werke, die mich beeindruckt haben, steht die emotionale Achterbahnfahrt namens Systemsprenger.
1. Systemsprenger (Reg. Nora Fingscheidt)
2. Nuestro tiempo (Reg. Carlos Reygadas)
3. Parasite (Reg. Bong Joon Ho)
4. Midsommar (Reg. Ari Aster)
5. The Lighthouse (Reg. Robert Eggers)
6. Les Misérables (Reg. Ladj Ly)
7. Monos (Reg. Alejandro Landes)
8. Once Upon a Time in Hollywood (Reg. Quentin Tarantino)
9. Honeyland (Reg. Tamara Kotevska und Ljubomir Stefanov)
10. Portrait de la jeune fille en feu (Reg. Céline Sciamma)
Ehrenerwähnungen: In Fabric, Knives Out
Samstag, 11. Januar 2020
Mörder Anders und meine Einstellung zu der Buch-Herausforderung
Das Buch „Mörder Anders und seine Freunde nebst dem einen oder anderen Feind“ von Jonas Jonasson, das ich in Wien in deutscher Fassung kaufte, habe ich fertiggelesen und damit beginnt schon die Buch-Herausforderung 2020. Dieser Roman hat mir nicht nur den Wortschatz sehr verbreitet, sondern war auch sehr gut geschrieben und hat richtig Spaß gemacht. Auf der Webseite, die auch hinter der Herausforderung steht, kann man zahlreiche negative oder zumindest nicht begeisterte Kommentare, die dieses Werk meistens mit den größten Hits von Jonasson vergleichen. Glücklicherweise lies ich kein anderes Buch von diesem Autor, deswegen waren meine Erwartungen nicht zu hoch gestellt und ich konnte den leichten Humor dieses Schriftstellers ohne Störung genießen. Alles war sehr gut, es sei denn, der dritte Teil möchte in der Handlung wohl ein bisschen überflüssig sein.
Das Vorhaben, zwanzig Bücher pro Jahr zu lesen und sie auf der oben verlinkten Webseite zu tracken, hat sich als eine richtige Herausforderung erwiesen. 2018 las ich zehn Bücher, 2019 ebenso, aber schon inklusive drei Kinderbücher, die man binnen 10 bis 15 Minuten liest. Meine Gründe, warum ich zurzeit so selten lese, haben aber etwas mit meinem Kind zu tun, also halte ich diese Vorgehensweise für tolerabel. In diesem Jahr werde ich auch das Ziel eher auf zehn setzen (mit oder ohne Arielle, die Meerjungfrau).
Sonntag, 10. November 2019
Die Frage der Umwelt (und nebensächlich auch die Frage des Umfeldes)
Seit ein paar Monaten habe ich zu einem Freund den Künstler Umfeld empfohlen. Seitdem war ich umsonst auf der Suche nach ihm. Er ist nicht bei Youtube, man kann ihn nicht googlen, gibt es diese Person überhaupt?
Heute habe ich bei dem beliebten Youtube Channel namens Hate eine neue Platte von dem Produzent Umwelt gefunden, sie klingt sehr gut und der Stil ist auch Industrial Techno. Vielleicht bin ich schon auf dem Spur von der Person, die ich mochte. Das neue Album von Umwelt könnte in dem Klub ziemlich gut funktionieren, ich mag die Tracks und nebst Techno gibt es hier auch eine düstere langsame Komposition mit dem passenden Titel Latent Existence. Der beste Track ist aber meiner Meinung nach das dichte schnelle Techno-Stück Superior Life Forms.
Sonntag, 6. Oktober 2019
Grundlos verspäteter Bericht aus Karlovy Vary (Teil zwei)
Heute biete ich euch den zweiten Teil meiner Bemerkungen zu dem Internationalen Filmfest Karlovy Vary an. „Lillian“ ist eine Geschichte der gleichnamigen Russin, die illegal in den Vereinigten Staaten lebt. Die Chancen auf eine Beschäftigung sind schon alle weg, es gibt kein Geld mehr, sie spricht kein Englisch und sie kann auch nicht legal zurück nach Russland reisen. Sie beschließt sich also, zu Fuß durch das ganze Land zu gehen, bis zu dem eiskalten Ort, an dem die USA und Russland einander schon ziemlich nah sind. Dann schwimmen vielleicht, das erfährt man nie exakt. Wenn man dieses Werk als Travelogue wahrnimmt, merkt man auch weitere Inkonsequenzen (wahrscheinliche Dauer, Jahreszeiten, Grenzen), aber es wurde eher als eine Beobachtung der amerikanischen Kultur gemeint.
Die Heldin befindet sich in verschiedenen Situationen, die eine allein reisende Frau treffen können, und interagiert dadurch mit dem heimischen Volk (in einem Fall auch mit dem echt ursprünglichen Volk dieses Kontinents). Manche Situationen werden unangenehm, obwohl sie nicht gewältig sind, aber die Schwierigkeiten sind mit Freiheit entlohnt. Lillian läuft durch das freie amerikanische Land (während die Amerikaner in ihren Städten passiv bleiben) und besucht viele Orten, die von Menschen verlassen wurden oder die sich am Rande der menschlichen Interesse befinden. Auf solcher Oddysee kann man keine beste Unterkunft und Reisen auf gewissem Niveau erwarten, auf Niveau verzichtet die Heldin schon in der ersten Minute des Films (sie bewirbt sich erfolgslos um einen Job als Pornodarstellerin). Desto interessanter ist es, die andere Seite der Amerika durch die Augen vor Lillian zu sehen.
Donnerstag, 12. September 2019
Grundlos verspäteter Bericht aus Karlovy Vary (Teil eins)
Zufälligerweise habe ich in Karlovy Vary zwei Filme gesehen, die von Ulrich Seidl und seiner Firma produziert wurden. Es handelte sich um den sehr bemerkenswerten Film Lillian, der über eine Odyssee durch die Vereinigten Staaten berichtet, und um die unglaubliche Groteske namens Die Kinder der Toten.
Die Kinder der Toten haben mit den USA auch viel zu tun, nämlich wurde der Film von zwei Amerikanern gedreht. Die Regisseure haben doch das steirische Milieu mit allen typischen Figuren und Orten so gut veranstaltet, als ob sie lebenslang in Österreich gelebt hätten. Die Handlung geht von einem Roman von Elfriede Jelinek aus, wurde aber neu interpretiert und aktualisiert. Es gibt Zombies, Flüchtlinge, Doppelgänger und auch die trauervollste Filmvorführung aller Zeiten, aber noch außenordentlicher als das Inhalt ist wie der Film aussieht.
Die Filmemacher haben alle Szenen tonlos auf die alte Home-Video-Kamera Super 8 aufgenommen und die Absenz des Tons wird durch Zwischentiteln ausbalanciert. Dank dieser extrem veralteten Form werden die Bauer, Wirte und Förster von Steiermark so grotesk wie in dem Schaffen von Elfriede Jelinek dargestellt und ich finde diese Entscheidung sehr gut. Es gibt nicht so viele Stummfilme, die es schaffen, die Aufmerksamkeit der Zuschauer länger als eine Stunde zu halten, und Die Kinder der Toten könnten auch ein bisschen kürzer sein. Nichtsdestotrotz handelte sich es um ein so ungewöhnliches Erlebnis voll von starken Bildern, dass ich es kaum vergessen werde.
Mittwoch, 31. Juli 2019
Anguish haben Prag zugrunde gerichtet
So häufig lese ich in tscheschischen Konzert-Kritiken, dass eine Band den ganzen Saal oder gerade die ganze Stadt mit ihrer Musik zerstört hat und ich wundere mich, wie tragisch es wäre, hätte es tatsächlich wortwörtlich passiert sein. Palác Akropolis verweist jetzt zumindest Spuren von Renovierung, vielleicht hat es etwas mit dem letzten Konzert zu tun. Am Montag habe ich dort ein ausgezeichnetes Konzert von dem internationalen Ensemble Anguish erlebt. Ein Erlebnis ist tatsächlich ein passendes Wort, es war nicht nur genug zu hören, sondern auch zu sehen und spüren, alles in überwältigenden Mengen.
Die Künstlergruppe Anguish besteht aus Mitgliedern von den Bands Dälek, Fire! Orchestra und Faust. Hans-Joachim Irmler von der letztgenannten Band war in dem gesamten explosiven Sound völlig unhörbar (und hinter seinem riesigen Keyboard war er auch schwer zu merken), der größte Star des Abends war sicher Mats Gustafsson, dessen Einsatz an dem Saxofon war total beeindruckend. Hier ist ein Lied von diesem Projekt, obwohl das Album kann euch kaum die Ahnung vermitteln, wie wild diese Truppe sein kann und wie viel Energie sie erzeugen kann, wenn sie live spielt.