Donnerstag, 12. September 2019

Grundlos verspäteter Bericht aus Karlovy Vary (Teil eins)


Zufälligerweise habe ich in Karlovy Vary zwei Filme gesehen, die von Ulrich Seidl und seiner Firma produziert wurden. Es handelte sich um den sehr bemerkenswerten Film Lillian, der über eine Odyssee durch die Vereinigten Staaten berichtet, und um die unglaubliche Groteske namens Die Kinder der Toten.

Die Kinder der Toten haben mit den USA auch viel zu tun, nämlich wurde der Film von zwei Amerikanern gedreht. Die Regisseure haben doch das steirische Milieu mit allen typischen Figuren und Orten so gut veranstaltet, als ob sie lebenslang in Österreich gelebt hätten. Die Handlung geht von einem Roman von Elfriede Jelinek aus, wurde aber neu interpretiert und aktualisiert. Es gibt Zombies, Flüchtlinge, Doppelgänger und auch die trauervollste Filmvorführung aller Zeiten, aber noch außenordentlicher als das Inhalt ist wie der Film aussieht.

Die Filmemacher haben alle Szenen tonlos auf die alte Home-Video-Kamera Super 8 aufgenommen und die Absenz des Tons wird durch Zwischentiteln ausbalanciert. Dank dieser extrem veralteten Form werden die Bauer, Wirte und Förster von Steiermark so grotesk wie in dem Schaffen von Elfriede Jelinek dargestellt und ich finde diese Entscheidung sehr gut. Es gibt nicht so viele Stummfilme, die es schaffen, die Aufmerksamkeit der Zuschauer länger als eine Stunde zu halten, und Die Kinder der Toten könnten auch ein bisschen kürzer sein. Nichtsdestotrotz handelte sich es um ein so ungewöhnliches Erlebnis voll von starken Bildern, dass ich es kaum vergessen werde.